Endspurt auf dem Rennsteig!
Im Oktober ging es in die letzte Runde auf dem Rennsteig.
Dieses Mal waren die Temperaturen etwas angenehmer, aber im Ausgleich dafür gab es auch mehr Regen… 😉
Wir hatten uns vorgenommen, die verbleibenden 5 Etappen in einem Rutsch zu wandern und waren gespannt, ob uns dies gelingen würde. Unsere An- und Abreisestation war diesmal Arnstadt, ein bezauberndes kleines Städtchen mit einer tollen Altstadt. Nach einem wärmenden Abendmal in einer österreichischen Skistube (?!), freuten wir uns wie Bolle auf den Start am nächsten Morgen!
Mit dem Zug ging es dann bei recht schönem Wetter nach Ilmenau und dann mit dem Taxi rauf zum Rennsteig Bahnhof, an dem wir beim letzten Mal aufgehört hatten. Und los! Unterwegs trafen wir zwei Wanderer, zwei Männer, einer um die 50, der andere ca. 70 Jahre alt. Sie überholten uns nach einem kurzen Plausch und da dachten wir noch, dass wir sie vielleicht am Etappenziel nochmal treffen. Weit gefehlt, wie wir einen Tag später beim Mittagessen von einer Gaststubenwirtin erfuhren, waren die 2 Herren am Tag zuvor schon da gewesen und hätten immer 20-40km am Tag gemacht. Ok, die spielten nicht in unserer Liga, aber sie hatten wohl auch eine Dame dabei, die die Klamotten mit dem Auto transportiert hat… Kurz vor Ende des Tageszieles Masserberg mussten wir noch eine gute Strecke ein Bachbett flussaufwärts laufen und kamen so zu einer herrlichen Lichtung, die uns, in mildes Herbst-Abend-Licht getaucht, verzauberte. Und was für ein Glück, hier gab es auch einen Cache! Allerdings waren die Koordinaten ziemlich off und so suchten wir eine Ewigkeit im Dickicht, bis wir das richtige Versteck entdeckten, das nur mit waghalsigen Klettereinlagen zu erreichen war. Rundum zufrieden kamen wir bei unserer ersten Residenz an. Hier gab es zu allem Überfluss ein kleines Hallenbad und eine Sauna, die eigens für uns angeworfen wurde. Danach noch ein leckeres Essen und wir waren glücklich.
Am nächsten Morgen sah das Wetter schon ganz anders aus. Da es leicht regnete, sparten wir uns ein Stück des “echten” Rennsteigs und liefen parallel dazu im Wald. Der Dunst der Feuchtigkeit ließ den Wald wie einen Märchenwald erscheinen und gegen Nachmittag kamen wir an eine Lichtung, die wohl früher von den Hobbits bewohnt war. Die Laune war zwar durch das nasskalte Wetter getrübt, aber das Rennsteiglied war auch diesmal wieder dabei und wurde fleißig gesungen. Sogar alle Strophen… Abends im Hotel ließen wir es wieder gemütlich mit Saunagängen angehen und aßen dann das beste Essen des ganzen Rennsteigs! Köstlich, lecker, einmalig! Nach 2 Wandertagen fühlten wir uns noch erstaunlich fit, obwohl die erste Etappe mit 24 km ganz schön lang war und die zweite mit 18 km schön bergauf ging. Der nächste Tag würde mit 23 km wieder recht lang werden, also gingen wir zeitig ins Bett.
Am dritten Morgen war es zwar grau, aber es regnete nicht! Der Weg zog sich sehr lang durch Neuhaus und führte dann in den Wald, wo er recht schlecht angezeichnet war. Hier geht der Rennsteig ein Stück durch den Frankenwald in Bayern und böse Zungen behaupten, dass die “Wessis” den Rennsteig nicht mögen, ihn nicht anzeichnen und direkt an Überlandautobahnen entlangführen. Wir hatten uns also ein wenig verlaufen, aber zum Glück mit Hilfe des GPS schnell wieder zurück gefunden. Nachmittags liefen wir dann an besagter Straße und entschieden uns so für einen Alternativweg durch den Wald, der allerdings unserer Kilometerzählung noch 4,5 km dazu addierte. Ziemlich geschlaucht kamen wir abends in Steinbach an und waren froh, wieder eine Sauna vorzufinden.
Als wir am vierten Morgen beim Frühstück saßen, debattierten wir, ob wir einen Tag aussetzen sollten, denn es regnete Bindfäden. So zögerten wir das Frühstück und die Entscheidung hinaus, in der Hoffnung, der Regen würde sich beruhigen. Da die heutige Etappe nur 12 km lang sein sollte, entschieden wir uns für den Regen! Augen zu und durch war unsere Devise und sonst hätte uns ja auch ein Stück Rennsteig gefehlt. Also gingen wir kurz vor Mittag los. Nach einiger Zeit liefen wir auf dem “grünen Band”, einem Grenzwanderweg, und kamen wieder nach Thüringen. Der Regen hatte fast aufgehört und so konnten wir pfützenspringenderweise den vierten Wandertag doch noch genießen. Gegen Ende des Tages regnete es wieder stärker und unsere Unterkunft lag nicht direkt am Rennsteig, so dass wir nochmal 2 km durch den Regen schlappen mussten. Hier war die Stimmung dann im Keller, wurde aber nach einer warmen Dusche und einem guten Essen wieder besser. Fast traurig gingen wir an diesem Abend zu Bett, da wir wussten, dass der nächste Tag der letzte Wandertag sein würde. Wir hatten uns irgendwie dran gewöhnt.
Am fünften Morgen riss die Wolkendecke auf und wir marschierten los. Der Tau und Regen, der überall in den Zweigen und Gräsern hing glitzerte in der Morgensonne, einfach schön! Heute ging es nur bergab und wir liefen auch bald nicht mehr im Wald, sondern über Felder und Wiesen. Blankenstein war schon in Sicht und das Ende unseres Abenteuers auch. Auf dem Weg zur Saale (wir mussten ja unsere Steine aus der Werra noch loswerden) machten wir schon halt in unserer Übernachtung, dem Rennsteig Cafe und wurden dort mit Kaffee und Kuchen empfangen. Die Wirtin und ihr Mann (ein älteres Paar um die 70) erzählten uns ihre ganze spannende Lebensgeschichte bei einem Glas Sekt. Wie verzaubert lauschten wir den Geschichten und rührten uns nicht. Das wäre ein schöner Film, eine Ost-/West-Geschichte mit viel Bewegung und auf und ab, mit Krankheit und viel Liebe. Zu schade, dass die beiden das Cafe wohl bald verkaufen, damit sie sich mehr umeinander kümmern können, sie sind ja auch schon längst im Rentenalter. Dankbar für diese sehr persönliche Begegnung machten wir uns kurz vor Sonnenuntergang noch auf den Weg zu Saale und warfen unsere Steine zum Abschluss hinein.
Wir haben es geschafft! 169km Rennsteig liegen hinter uns und haben uns einigen Reichtum beschert: Aussichten, Begegnungen mit anderen und uns selbst, Zeit zu zweit, Grenzerfahrungen und vieles mehr. Und schon bevor wir am Abreisetag am Bahnhof stehen, haben wir die nächsten Pläne geschmiedet. Wir wandern weiter!
Hallo Claudi,
ich hör grad das Hörbuch “Ich bin dann mal weg” von Hape Kerkeling – seine Wanderung auf dem Jacobsweg – und deshalb kamen mir deine Schilderungen irgendwie vertraut vor Das klingt total reizvoll, trotz des Regens. Man kann tatsächlich neidisch werden auf die Erfahrungen.
Liebe Grüße
Katja
Ach so, was ich noch sagen wollte, schlank macht so’n Regencape ja nicht